[Definitionen]
Keramik_Typologie_Definitionen
Keramik_Typologie_Definitionen
Die typologische Gliederung urnenfelderzeitlicher Keramikgefäße wird durch die hierarchische Trias Grundform – Typ – Variante bestimmt, die eine Kurzdefinition der Wertigkeit des/r kennzeichnenden Merkmals/e in Verbindung mit der Gefäßform, der Gefäßgliederung, der Tonqualität, der Gefäßgröße etc. darstellt. (Hellerschmid, Lochner 2008)
Grundform
Die Gefäßgrundform ist gleichzeitig die Gefäßansprache und umfasst das primäre Erscheinungsbild des Gefäßes als Hoch- oder Breitform in Kombination mit der Gefäßgliederung, das heißt mit der Anzahl der vorhandenen Gefäßteile und der Tonqualität.
Typ
Der einzelne Gefäßtyp einer Grundform umfasst das detaillierte Erscheinungsbild eines Gefäßes innerhalb seiner Grundform.
Die Differenzierung beruht auf der unterschiedlichen Ausführung der Gefäßform, der Gefäßhöhe und der Henkel-/Fußbildung.
Variante
Die Varianten eines Gefäßtyps umfassen spezifische Ausformungen der einzelnen Gefäßteile und Applikationen wie Henkel und Knubben.
Die Differenzierung fußt auf der unterschiedlichen Ausführung der Gefäßteile, der Art der Henkelbildung und dem Werkstoff.
Sonderform
Neben den Gefäßgrundformen gibt es die Gruppe der Gefäßsonderformen. Es handelt sich dabei um spezielle Klassifizierungen, die, im Gegensatz zu den Gefäßgrundformen, vorrangig aus dem primären Verwendungszweck heraus definiert sind.
Bruchstück
Ein Gefäßteil, der auf Grund der Zerstörung des Gefäßes nur mehr in einem Ausschnitt der ursprünglichen Form erhalten ist und keiner Grundform oder Sonderform zugeordnet werden kann.
Abb. 1: Gefäßgrundformen der mitteldonauländischen Urnenfelderkultur.
Für die Region der mitteldonauländischen Urnenfelderkultur wurden für die ältere und die jüngere Urnenfelderzeit acht Grundformen herausgestellt. Sie werden in Abb. 1 dargestellt. Es wurde versucht, eine möglichst neutrale, aber alle wesentlichen Kriterien einbindende Darstellung der jeweiligen Grundform zu wählen. Die grau hinterlegten kleineren Grafiken zeigen an, dass die Klassifizierungen der einzelnen Grundformen alle Größen, von Kleinformen bis Großformen, gleichermaßen betreffen. (Hellerschmid, Lochner 2008)
Literatur: HELLERSCHMID I., LOCHNER M., Keramische Grundformen der mitteldonauländischen Urnenfelderkultur – Vorschlag für eine Typologie(-grundlage), Archäologie Österreich 19/1, 2008, 45–48.
Weitere Begriffsdefinition
Hochform
Die Gefäßhöhe übertrifft die Breite, relativ kleiner Randdurchmesser (Höhe > Rdm.).
Breitform
Die Gefäßbreite ist größer als die Höhe, relativ großer Randdurchmesser (Rdm. >= Höhe).
gegliedert (bzw. mehrteilig)
umschreibt Gefäße die aus mindestens drei unterscheidbaren Gefäßteilen bestehen: Hals – Schulter – Rand
Gefäßteile
Rand (inkludiert Mundsaum=Randabschluss)
Schulter
Bauch
Ober-/Unterteil
Boden
Standring/-fuß
profilierte Form (bzw. scharfe Profilierung)
umschreibt Gefäße, deren einzelne Formteile (vor allem Rand-/Hals-/Schulter-Bereich) gut voneinander abgesetzt sind
S-profilierte Form (bzw. flaue Profilierung)
umschreibt Gefäße, deren einzelne Formteile fließend ineinander übergehen
fein: Wandstärke 3–6 mm, Oberfläche zumeist graphitiert
mittelfein: Wandstärke 5–9 mm, zumeist an der Gefäßaußenseite graphitiert
grob: Wandstärke ab 9 mm, zumeist ungraphitiert
Keramik_Funktion_Definitionen
Im keramischen Inventar des Gräberfeldes werden fünf Funktionstypen unterschieden:
Urne/Urne fraglich
Der Leichenbrandbehälter, zumeist das größte Gefäß im Grab, beinhaltet den Leichenbrand, bzw. den Hauptanteil des Leichenbrandes. Die Urne wird typologisch als entsprechende Grundform oder, wenn diese auf Grund von Fragmentierung nicht mehr erkannt werden kann, als Bruchstück angesprochen.
Beigefäß
Ursprünglich ein- oder mehrere vollständig beigegebene Gefäße als Behälter für Nahrung und Flüssigkeit und sonstige Beigaben neben oder in der Urne, bzw. neben oder in anderen Beigefäßen. Das Beigefäß wird typologisch als entsprechende Grundform oder, wenn diese auf Grund von Fragmentierung nicht mehr erkannt werden kann, als Bruchstück angesprochen.
Gefäßabdeckung
Eine Keramik, die zum Abdecken der Urnen oder eines Beigefäßes dient. Es kann sich sowohl um ein Beigefäß, eine Streuscherbe oder ein Fragment handeln und typologisch einer Grundform oder ein Bruchstück darstellen.
Streuscherbe/n
Bereits im zerscherbten/zerbrochenen Zustand in den Grabraum gelangte, einzelne oder mehrere Keramiken mit sekundären Brandspuren unterschiedlicher Stärke (partiell sekundär gebrannt, flächig sekundär gebrannt bis durchgeglüht), die typologisch als Grundform oder wenn diese nicht mehr erkennbar ist, als Bruchstück angesprochen werden.
Fragment/e
Bereits im zerscherbten/zerbrochenen Zustand in den Grabraum gelangte, einzelne oder mehrere Keramiken ohne sekundäre Brandspuren, die typologisch als Grundform oder wenn diese nicht mehr erkennbar ist, als Bruchstück angesprochen werden.
Alter/Geschlecht
Infans I 0–6
Infans II 7–12
Juvenil 13–18
Adult 19–40
Adult-Matur 19–45
Matur 41–60
Matur-Senil 51–70
Senil 60–
Male Mann
Male? Mann (unsicher)
Male?? Mann (sehr unsicher)
Female Frau
Female? Frau (unsicher)
Female?? Frau (sehr unsicher)
Verbrennungsstufen (Wahl 1981)
Verbrennungsstufe |
Färbung der Knochenreste |
Temperaturwert |
Bemerkungen/Zustand der Knochenreste |
I |
gelblich-weiß bis elfenbeinfarben glasig |
bis 200ºC
um 250–300ºC |
wie unverbrannt, frischer Knochen
erste Schrumpfung durch Wasserverlust (ca. 2%) |
II |
braun
dunkelbraun bis schwarz |
um 300ºC
um 400ºC |
Beginn des Austriebs organisch gebundenen Kohlenstoffs Verkohlung der organischen Knochensubstanz |
III |
grau bis blaugrau, taubenblau, milchig hellgrau |
um 550ºC |
Kompakta manchmal innen noch schwarz |
IV |
milchig-weiß, matt weiß, kreideartig |
ab 650–700ºC |
kreidig, samtig, abreibbare Oberfläche („kalziniert“), Kompakta innen manchmal noch grau |
V |
altweiß, schmutzigweiß |
ab 800ºC |
Knochen spröde, hart und fest („versintert“), Auftreten typischer Hitzerisse |
Literatur: Wahl Joachim, Beobachtungen zur Verbrennung menschlicher Leichname, Arch. Korr. Bl. 11, 1981, 271–279.