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Schladming
Stadt in der Steiermark, im Bezirk Liezen im oberen Ennstal gelegen. Die erste Besiedlung ist ab etwa 600 v. Chr. von Kelten nachweisbar. Um 600 endete die Zeit der Römer (Austria Romana) durch Pannonslawen. Aus dem Slawischen wurde der Ortsname Sch. („ing-Name“) übernommen und im Zuge der deutschen Kolonisation von Bayern aus (um das Jahr 720) umgeformt. Die älteste Erwähnung des Ortsnamens „Slaebnich“ geht auf das Jahr 1180 in Verbindung mit „mons Sláeuenich“ (der sich darüber erhebende Fastenberg, im 14. Jh. Slaebenberg, heute Rohrmoos) zurück. Spätestens am 27.7.1322 hatte Sch. die Stellung einer Stadt mit allen Rechten inne. Voraussetzung für die Stadtwerdung war einerseits der Bergbau in den Tauerntälern, andererseits die Wehrfunktion an der zu Ende des 13. Jh.s umstrittenen Grenze zum Erzbistum Salzburg. Die Anfänge des Sch.er Bergbaues reichen bereits in das Ende des 13. Jh.s zurück. Ein Freibrief von 1304 räumte dem Dorf Sch. gewisse Rechte der Selbstverwaltung seiner inneren Angelegenheiten ein, womit auch hinsichtlich der Orts- und Flurpolizei und auch bei minderen Rechtsfällen innerhalb des Dorfgebietes eine Gerichtsbarkeit verbunden war. Daneben wurde in der Umgebung von Sch. Braunkohle abgebaut. 1360 erhielt Sch. das Niederlagsrecht für Salz und Getreide. Internationale Bedeutung erlangte Sch. 1408 durch den vom damaligen Bergrichter Leonhard dem Egkelzain verfassten „Sch.er Bergbrief“. In ihm scheint der Begriff Knappe zum ersten Mal im deutschen Sprachraum auf. Seit 1570er Jahren waren die Erträgnisse des Bergbaus rückläufig. Auch der Abbau von Kobalt und Nickelerzen (erfolgreichste Betriebsperiode 1840–47) konnte den Verfall des Bergbaus in den Sch.er Tauern nicht aufhalten. Wirtschaftlicher Schwerpunkt ist heute der Sommer- und Winterfremdenverkehr, der mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Selzthal-Bischofshofen („Gisela-Bahn“) seinen Anfang nahm. Infolge der Bauernkriege von 1525 wurde dem Ort das Stadtrecht aberkannt. 1530 erlangte Sch. wieder das Marktrecht, 1925 das Stadtrecht.

Zur Zeit der Reformation und Gegenreformation wurden Sch. und seine Umgebung zum Mittelpunkt der religiösen Auseinandersetzungen und mit Ramsau Hauptgebiet des Geheimprotestantismus. Bereits 1522 wurde die erste evangelische Gemeinde in Sch. gegründet. 1782 kam es zur Neugründung der evangelischen Kirchengemeinde. Die evangelische Peter und Paul-Kirche wurde 1852–62 im neuromanischen Stil erbaut. 1851 wurde eine Glocke geliefert, zwei weitere in Linz bestellt. Die heutigen drei Glocken wurden 1917 vom Bochumer Verein gegossen. Die Orgel (II/16), 1862 von L. Mauracher gefertigt, wurde 1962 von F. Mertel erneuert. Die Anfänge des Evangelischen Kirchenchores gehen auf das Jahr 1900 zurück. Einer der ersten Chorleiter war Hermann Wengert, auf den u. a. Rudolf Pfeifer, Josef Rainhaber, Herta Strobl, F. Tutter, Vera Schweitzer, Fritz Polesnig, 1964 Gernot Kunzelmann († 1988) und dessen Frau Gertrud folgten. Ab 1991 leitete Burghilde Wieser den Chor, seit 2009 Margarita Nosal-Strasser (* 1964). Die moderne Form des Chores ist der Singkreis EIN NEUES LIED, geleitet von Joanna Charalampous-Lignou. Heute (2015) gibt es drei Kinder-/Jugend-Chöre, deren erster – Königskinderchor (5–10-Jährige) – 1998 gegründet wurde; im Abstand von vier bis fünf Jahren folgten dann 5:16-let it shine (Teenagerchor 10–14-Jährige; 2015 aufgelassen) und © by C (Jugendchor ab 14 Jahre). Leiterin ist jeweils Catherina Galler (* 1960).

Die katholische Pfarrkirche St. Achatius, urkundlich 1299 erstmals genannt, ist die jüngste Filiale der Mutterpfarre Haus im Ennstal/St, seit 1857 selbständige Pfarre. 1625 ist der erste Vikar, Matthäus Alber, bezeugt. Die spätromanische Kirche wurde vermutlich im 13. Jh. oder Anfang des 14. Jh.s erbaut. Der Um- bzw. Neubau als dreischiffige Hallenkirche erfolgte in den Jahren 1522–32. Dominierend ist der 1702–04 errichtete Hochaltar, die Plastiken wurden vom Admonter Stiftsbildhauer Martin Neuberg 1741 geschaffen. 1628 wird an der Kirche eines Orgelmachers gedacht. 1671 lieferte Rudolf Rapoldt (aus Bruck an der Mur) eine neue Orgel. 1862 wurde die heutige Orgel von L. Mauracher geliefert. 1679 werden neu gegossene Glocken erwähnt (beim Brand 1741 geschmolzen). Nach dem Brand von 1814 fertigten der Salzburger Glockengießer Franz Xaver Gugg (1751–1822) und sein Sohn Franz (1788–1856) 1818 und 1827 drei neue Glocken. Von den heutigen Glocken stammen vier von der Firma Gebrüder Böhler (je zwei 1918 und 1922 gegossen) und eine aus der Gießerei Grassmayr (1947). Ein kleiner Notenbestand der Kirche wird im Diözesanarchiv Graz verwahrt. 1671 halfen die hiesigen „teitschen Kürchensinger“ dem Schulmeister bei der Orgel in der Kirche singen. „Orgelschlager“ war der hiesige Schulmeister Johannes Narrholz. 1702 wird der „Geugger“ Tobias Helpferer dafür bezahlt, dass er auf der Orgel „geugen tut“, Davit Stainer wird als „Paßgeugger“ erwähnt und Michael Hoffer hilft dem Schulmeister auf der Orgel singen.

Die im Friedhofsbereich befindliche Annakapelle, 1571 erstmals nachgewiesen, wurde vermutlich um 1300 bzw. in der ersten Hälfte des 14. Jh.s erbaut und ursprünglich auch als Karner verwendet. Ca. 1630 fand der Neubau der nach einem Brand zerstörten Kapelle statt. 1671 wurde die alte Orgel von R. Rapoldt repariert. Heute gibt es weder Glocke noch Orgel in der Kapelle, sie wurde bereits zur Zeit Joseph II. profaniert.

Erste Nennung eines Schulmeisters 1395 Andre, dann Ott (1400), Christian Pondl (1456). 1525 wird betont, dass der Ludimagister nicht zugleich Aedituus (Küster) ist. Dies ist bis 1751 belegt. Weitere Schulmeister sind bekannt: Peter Kreuzer (1571), Johann Machowitz aus Graz (1579), Michael Schnabelius (1598), Felix Obinger (genannt 1624, 1668), J. Narrholz (1672–81; wird auch als Organist in der Kirche genannt), Joachim Kranawetter (ab 1715, † 1722), nach ihm Mathias Demel, der als erster Schulmeister 1754 auch als Mesner aufscheint (eine seiner Töchter hatte ein Kind vom Sch.er Kantor Josef Gollern). Ihm folgte Melchior Ernst (1755–76), dann Jakob Pachauer (bis 1832; 1752–1833). Er wurde 1807 zum Musterlehrer und die Sch.er Vikariatsschule zur Musterschule erhoben. Nachfolger Pachauers war der Musterlehrer Josef Fischer (1808–88). Fischer übernahm zwischendurch auch den Organistendienst in der evangelischen Kirche. Bis zum Reichsvolksschulgesetz von 1869 bestand in Sch. neben einer katholischen Volksschule eine evangelische Privatschule, der 1869 das Öffentlichkeitsrecht zuerkannt wurde. 1578 wird der lutherische Schulmeister Jakob Bithner genannt. Erster Schulleiter und Kantor war Andreas Waldhuber (1783 bis zu seinem Tod 1792). Es folgten Matthias Rasth bis 1797, Franz Schwaiger (gebürtiger Sch.er, † 1820) bis 1817 und Karl Tritscher bis 1853. Ihm folgte Johann Bruckner. 1877 wurden die beiden Konfessionsschulen vereinigt und J. Bruckner Oberlehrer.

1525 wird von verschiedenen Spielleuten (Pfeifer, Trommler, Thurner usw.) berichtet. Die erste Musikkapelle wurde 1843 als Bürgermusikkapelle Sch., die seit 1880 während der Sommermonate Platzkonzerte gab, von J. Fischer gegründet. Er war auch Kapellmeister, Chorleiter und Kirchenmusiker. Ihm folgte 1874–83 Josef Filhaber. 1883 wurde die Musikkapelle von Sch. unter Leitung des Kpm.s Franz Tutter († 1936; bekannt auch als Komponist) unter dem Namen Bürgermusikkapelle wieder gegründet. 1899 wurde unter seiner Leitung ein Streichorchester formiert (Tutter war auch Leiter eines Männergesangvereins); seit 1936 Stadtkapelle Sch. (1936–58 Kpm. Alfred Eder). Rudolf Hutegger (Kpm. 1966–76) gründete 1969 eine Bauernkapelle, ihm folgte Johann Plank 1977–83. Seit 2012 ist Hannes Moser (* 1969), der Johann Luidold ablöste, Kapellmeister. V. a. im Dienste des Fremdenverkehrs oder zu besonderen Anlässen des öffentlichen Lebens spielt die Kapelle auf. Auch der Brauch „Jungfrauen-Aufwecken“ wird von ihren Mitgliedern heute noch geübt. (In der Nacht zum Fronleichnamstag ziehen drei Musikanten (zwei Klarinettisten, ein Trommler) los und spielen vor den Wohnhäusern unverheirateter Mädchen eine Melodie, die einzig für diese Nacht bestimmt ist.)

Von der 1877 unter dem Notar Johann Reifer konstituierten Sängerrunde sowie dem 1905 unter Leitung von Hans Neuhold stehenden Männergesangverein weiß man nicht, wann sie sich aufgelöst haben. 1963 formiert sich unter Heribert Wurzer der Singkreis der Volkshochschule Sch. Seit 1993 hat Gerhard Polesnig (* 1949) die Leitung. Zu den Fixveranstaltungen gehört das jährliche große Adventsingen.

Auf gesellschaftlichem und kulturellem Gebiet hat Sch. u. a. der Familie Coburg um 1900 wichtige Impulse zu verdanken. Der Ort war damals Treffpunkt angesehener Familien (wie der Eltern von H. v. Karajan, R. Stolz oder Robert Musil) und bot auch musikalische Darbietungen bekannter Interpreten (so gaben 1898 der Violinvirtuose A. Duesberg mit seiner Gattin und H. Wagner einen Konzertabend).

Auf das Jahr 1909 gehen die Anfänge des Kinos zurück, als im Hotel Alte Post ein Kinematograph installiert wurde. Einmal täglich wurden dort Filme gezeigt. In den 1930er Jahren wurde von Hans Thomis ein Kino im Hotel Neue Post eröffnet. 1935 errichtete Johann Deubler das Klangfilmtheater, 2011 wurde es geschlossen. 2014 konstituierte sich der Verein der Freunde des Klang-Film-Theaters Sch. Er fördert die Aufrechterhaltung des Betriebes des ehemaligen Sch.er Stadtkinos als örtliches Veranstaltungszentrum (Welt der Musik, des Kinos und der Bühne). Obmann ist Thomas Radzik.

Vor 1938 gab es Laienspielgruppen verschiedener Vereine. 1993 wurde die Theatergruppe Das Tablett von Astrid Royer und Jutta Müller gegründet. Derzeitiger Leiter ist Wolfgang Zandl, allerdings gibt es seit 2012 keine Aktivitäten der Gruppe. Aktiv ist dagegen die Theatergruppe TRAC (gegr. 2003) des Kulturvereines Sch. Die Leitung hat seit der Gründung Hannes Gruber (* 1970) inne. Die Gruppe ist überaus aktiv und bringt jedes Jahr ein Theaterstück, teilweise von namhaften Autoren, teilweise Eigenproduktionen. 1986 wurde unter der Leitung von Gottfried Egger (* 1927) der Kulturverein Sch. gegründet. Dieser macht sich zur Aufgabe, die steirische Skihauptstadt kulturell zu fördern. Derzeitiger Obmann ist H. Gruber, Organisator aller kulturellen Aktionen Alfred Brandner (* 1951).

1979 wurde die Städtische MSch. gegründet. Ihr gingen 1928–38 und 1945–51 die Privatmusikschule von F. Tutter voraus und 1952–69 die MSch. der Ennstaler Musikvereinigung (privat; Leiter Guido v. Schragl), ab 1970 Zweigstelle der Volksmusikschule Gröbming/St (Leiter Johann Lipp). 1977–2003 war Johann Plank (* 1943) Leiter, seit 2013 Horst-Martin Krammer (* 1964), der auf Manfred Wechselberger (2005–13) folgte.

Den Sch.er Musiksommer (mit dem das Wirken von E. L. Uray untrennbar verbunden ist) gibt es in der ursprünglichen Form nicht mehr. Stattdessen fand 1997 die erste WASBE-Konferenz (gegründet von W. Suppan) in Sch. statt. Innerhalb kurzer Zeit haben die darauffolgenden Veranstaltungen der MID EUROPE-Konferenzen (1998 von W. Suppan gegründet) die Steiermark in die Reihe der weltweit führenden Blasmusik-Veranstaltungen eingereiht. Die Veranstaltung erstreckt sich über fünf Tage im Juli jeden Jahres. Es werden während dieser Zeit ca. 30 Konzerte gegeben. Nach Suppan ist Johann Mösenbichler (* 1959) seit 2000 künstlerischer Leiter. 2003 wurde die Musikband Ennstaler Steirerklang von Anton Barthelme jun. (* 1979) gegründet. Unter seiner Leitung spielt das Sextett volkstümliche und moderne Musik. An künstlerischen Persönlichkeiten wurden neben E. L. Uray und S. Kopmayer auch die Maler Wolfgang Inanger (* 1936) und Silwa Sedlak (* 1941) in Sch. geboren.


Literatur
G. Cerwinka et al. in F. Goldmann/N. Reisinger (Hg.), Die Städte der Steiermark 4 (1995); G. Cerwinka/W. Stipperger, Sch. 1996; F. Hutter, Gesch. Sch.s und des steirisch-salzburgischen Ennstales 1906; F. Hutter, Die Stadt Sch. in alter und neuer Zeit 1925; K. Amon et al., 450 Jahre St. Achatius in Sch. Beiträge zur Gesch. der r. k. Stadtpfarrkichre Sch. 1982; W. Stipperger, 140 Jahre Stadtmusikkapelle Sch. 1983; W. Stipperger, Pfarrkirche St. Achatius in Sch. 1997; E. Villenave-Royer, Sch.er Spiele aus Gesch. und Legende 1990; G. Ringdorfer, Gesch. der Stadtkapelle Sch., Dipl.arb. Graz 1995; H. Kunnert in Bll. für Heimatkunde 50 (1976); W. Suppan, Blasmusik in der Steiermark 2010; Fs. zur 50. Wiederkehr der zweiten Stadterhebung Sch. 1975; H. Kunnert in Bll. für Heimatkunde 7 (1929); H. Pirchegger in Bll. für Heimatkunde 17 (1939); R. Schäffer, Der obersteirische Bauern- und Knappenaufstand und der Überfall auf Sch. 1525, 1989; O. F. Weber in ZHVSt62 (1971) u. 63 (1972); Sch.er Stadtnachrichten seit 1971 (seit 1983 mit der Beilage Heimatkundliche Blätter von Sch. [online unter http://gemeinde.schladming.at]); M. J. Greger in Da schau her. Beiträge aus dem Kulturleben des Bezirkes Liezen 26/2 (2005); H. Kröll/W. Suppan in Da schau her 19/2 (1998); P. Dedic in Jb. der Gesellschaft für die Gesch. des Protestantismus im ehemaligen Österreich 62 (1941); G. Krömer, 200 Jahre evangelische Pfarrgemeinde A. B. Sch. 1982; [Kat.] Musik i. d. St. 1980; G. Allmer in Das Orgelforum 23 (Dezember 2019); http://gemeinde.schladming.at (7/2015); www.klangfilmtheater.at (8/2015); www.schladming.at (6/2015); www.mideurope.at (6/2015); www.ennstalwiki.at (5/2015).

Autor*innen
Ingrid Schubert
Letzte inhaltliche Änderung
8.1.2020
Empfohlene Zitierweise
Ingrid Schubert, Art. „Schladming‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 8.1.2020, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0032aaef
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

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Postkarte (1930), Ansicht mit protestantischer (rechts) und katholischer (links) Pfarrkirche© ÖNB, Public Domain Mark 1.0

DOI
10.1553/0x0032aaef
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