Winter, Gustav; Ps. G. Horlivý (1889–1943), Journalist, Übersetzer und Literaturkritiker

Winter Gustav, Ps. G. Horlivý, Journalist, Übersetzer und Literaturkritiker. Geb. Radenin, Böhmen (Radenín, CZ), 20. 6. 1889; gest. London (GB), 6. 9. 1943; mos. Sohn des Mühlenpächters und Kleinbauern Markus W. und der Cäcilie W., geb. Epsteinová, Bruder von →Lev W. und →Arnošt W. (s. u. Lev W.). – Aus ärml. Verhältnissen kommend, absolv. W. auf eigene Kosten das Gymn. in Kgl. Weinberge (Matura 1908) und stud. i. d. F. Slawistik und Romanistik an der tschech. Univ. Prag sowie an der Pariser Sorbonne; Lehramtsprüfung aus Tschech. (1912) und Französ. (1913) an der Prager Univ.; 1914 Dr. phil. Danach unterrichtete W. kurz am 1. tschech. Realgymn. in Prag-Neustadt, wurde 1915 eingezogen und diente u. a. als Übers. bei der Landesverpflegungskomm. Nach 1918 arbeitete er in Paris, zuerst als Sekr. der Verpflegungsmission, 1920–39 wirkte er als Auslandskorrespondent der sozialdemokrat. Tagesztg. „Právo lidu“. Er bereiste Belgien, Großbritannien, Italien, Skandinavien, Spanien, Portugal, die UdSSR sowie die Schweiz und engag. sich in mehreren journalist. (Syndicat des journalistes étrangers, Syndikát českých novinářů, Spolek českých žurnalistů v Paříži) sowie schriftsteller. (P.E.N.) Ver. Nach dem Münchner Abkommen blieb W. in Paris, wo er die Ztg. „Československé zprávy“ und „Československý boj“ red. 1940 emigrierte er nach London, wo er in ähnl. Aufgabengebieten (u. a. in Rundfunksendungen), als Mitarb. im Außenmin. der tschechoslowak. Exilregierung und als High School Lecturer wirkte. Seine umfangreiche publizist. Tätigkeit in „Akademie“, „Čas“, „Lidové noviny“, „Kalendář českožidovský“, „Magazin Družstevní práce“, „Přítomnost“ und „Zrání“ deckte zahlreiche Themen des polit., gesellschaftl. und v. a. kulturellen Lebens mit bes. Berücksichtigung der engl., französ. und span. Verhältnisse, auch in Beziehung zur Tschechoslowakei, ab. In seinen Büchern befasste er sich umfassend und kompetent mit allen drei Ländern („Z dnešní Anglie“, 1924; „Kniha o Francii“, 1930), betonte jedoch die wachsende Bedeutung von Kultur zur Zeit der neu entstandenen polit. Spannungen der 1930er-Jahre („Don Quijote na rozcestí“, 1935; „Oč jde ve Španělsku“, 1938). Diese Interessen verfolgte er im französ. bzw. engl. Exil weiterhin („Očima západu“, posthum 1944). Daneben übers. W. aus dem Dt. (Heinrich Heine, Karl Marx), Engl. (Robert Louis Stevenson) und Französ. (André Gide, Victor Hugo) ins Tschech., gelegentl. auch aus dem Tschech. ins Französ. (→Karel Čapek). W. war Träger des tschechoslowak. Staatspreises für Literatur (1931) und gehörte ab 1932 als Pressevertreter der tschechoslowak. Delegation beim Völkerbund in Genf sowie 1937–38 der Exekutive der Sozialist. Arbeiter-Internationale an.

Weitere W. (s. auch LČL): Banda lupičů a žhářů, 1909; Putování Bořivoje Vocáska vlastence, 1924; To není konec Francie, 1941.
L.: Práce, 6. 7. 1945; Právo lidu, 1. 10. 1947; Enc. Jud.; LČL; Masaryk; Biografie – Československo, ed. B. Koutník, Ser. 17, 1938; F. Klátil, In memoriam G. W., 1944; E. Hostovský, in: The Jews of Czechoslovakia 1, 1968, S. 447f., 523; F. Svátek, in: Allemands, Juifs et Tchèques à Prague 1890–1924, ed. M. Godé u. a., 1996, S. 331ff.; B. Srba, Múzy v exilu, 2003, s. Reg.; J. Tomeš, Průkopníci a pokračovatelé, 3. Aufl. 2013, S. 213f.; The YIVO Enc. of Jews in Eastern Europe (online, Zugriff 3. 12. 2019); Mitt. Robert Luft, München, D; IKG, Radenín, CZ.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 261
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