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6 DOES A ‘LIVING LAB’ CHANGE IT ALL? ABOUT INTERETHNIC ENCOUNTERS IN SUPER-DIVERSE NEIGHBOURHOODS IN VIENNA

    Julia Dahlvik, Yvonne Franz, Myrte Hoekstra, Josef Kohlbacher

Interethnic Coexistence in European Cities, pp. 76-85, 2017/11/08

A policy handbook

doi: 10.1553/ISR_FB046s76

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Abstract

Das letzte vorliegende Kapitel widmet sich einer speziellen, aber dafür umso innovativeren Thematik. Es werden, ausgehend von der seit Mitte der 2000er-Jahre auch die Sozialwissenschaften stimulierenden Living-Lab-Konzeption, die Effekte von Urban Living Labs und „ungeplanter“ Begegnungsräume auf interethnische Kontakte untersucht. Die Analyse basiert methodisch auf halbstrukturierten Interviews und teilnehmenden Beobachtungen in drei Urban Living Labs in Wien, nämlich dem Nachbarschaftszentrum in Gumpendorf, dem Nachbarschaftsraum „Herbststraße 15“ sowie dem Urban-Gardening-Projekt „Matznergarten“ im 14. Wiener Gemeindebezirk. Es wird untersucht, ob und in welcher Weise sich interethnische Begegnungen in den drei Living Labs unterscheiden von anderen institutionalisierten Räumen und welche Konsequenzen dies für die BewohnerInnen und die politischen Entscheidungsträger hat. In der vorliegenden Untersuchung bildete eine Konzeption des Social Urban Living Labs mit ausgeprägten Elementen der Kokreation, die auf einem explorativen Umfeld basiert, den Ansatzpunkt. Die komparative Analyse zeigt, dass der Erfolg einer Initiative vor allem abhängt von der Zahl ihrer TeilnehmerInnen, ihrer Kontinuität und dem Grad interethnischer Begegnung. Nur in relativ wenigen Initiativen kann wirklich eine Durchmischung von nichtösterreichischen und österreichischen TeilnehmerInnen beobachtet werden. Dies hängt mit inkludierenden beziehungsweise exkludierenden Effekten der untersuchten Maßnahmen zusammen, wobei die Ausschließungsmechanismen keineswegs nur ethnisch, sondern auch sozioökonomisch zu verstehen sind. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass Kontext und Design einer Initiative sowie deren Grad der Institutionalisierung die Art der Begegnung und somit auch die Erfahrungen der BewohnerInnen mit ihrem Wohnumfeld beeinflussen. TeilnehmerInnen an Initiativen versuchen häufig, eine Balance zu finden zwischen Behaglichkeit und Informalität einerseits sowie Inklusivität und Offenheit andererseits. Es ist daher möglich, dass ein und dieselbe Initiative bei unterschiedlichen Personen sowohl ein Gefühl der Zugehörigkeit als auch Gefühle der Exklusion erzeugt. Die Resultate der vergleichenden Untersuchung zeigen, dass TeilnehmerInnen nicht notwendigerweise auf der Suche nach sehr engen Sozialkontakten sind. Es ist daher wichtig, die Rolle fließender und unverbindlicher sozialer Interaktionen hervorzuheben und diese entsprechend zu fördern. BewohnerInnen bevorzugen häufig oberflächliche Begegnungen und die persönlichen Motivationen für die Teilnahme an Initiativen finden sich nicht selten in dem Versuch, persönliche Lebensumstände zu verbessern. Differenzierte Bedürfnisse von Zielgruppen sind vor allem hinsichtlich der Inklusivität bzw. Exklusivität von Maßnahmen und Aktivitäten zu berücksichtigen, wobei der Typus von Initiativen ebenfalls eine erhebliche Rolle spielt. Bottom-up-Initativen sind eher geeignet Mitverantwortlichkeit und letztlich lokale Teilhabe zu fördern. Urban Living Labs sind in der Lage mehr interethnische Sozialkontakte zu fördern, solange kokreative Settings von Rahmenbedingungen zwischen InitiatorInnen, BewohnerInnen und ForscherInnen gewährleistet sind. Kokreation ist ein wichtiges Ergebnis interethnischer Begegnungen in Living Labs, welches die Offenheit der InitiatorInnen voraussetzt, die Bedüfnisse und Forschungsinteressen entsprechend einzubinden und aufeinander abzustimmen. In diesem Fall kann Forschung also auch als ein Korrektiv für Integrationspolitiken dienen, welche eigentlich auf Inklusion gerichtet sind, jedoch unintendierte Exklusionsmechanismen beinhalten.